Kommunales Gesundheitszentrum (KGZ) / Lokales Gesundheitszentrum
ASG Saar Landeskonferenz 26. September 2018
Die ASG Saar befasste sich bereits in den Jahren 2016 - 2018 intensiv mit der Idee kommunaler Gesundheitszentren. Die Gründung dieser kommunalen Gesundheitszentren wurde speziell angedacht für unterversorgte Einzugsbereiche im ländlichen Raum oder Stadtgebiete / Quartiere mit einem hohen Anteil von Armut betroffenen Menschen.
Grundsätzlich sollten sich die Prozessbeteiligten (Bürger, Leistungsanbieter, Gemeinde, Politik) zusammensetzen, um Versorgungslücken zu benennen, den Bedarf zu formulieren und Möglichkeiten einer Bedarfssicherung in der Kommune zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten. Wesentlich ist hierbei, dass bei der Kommune die Informationen zum Bedarf zusammenlaufen. Durch die Kommune soll auch die Moderation des runden Tischs zu Bedarf und bedarfsangepassten Leistungen der Anbieter übernommen werden. Mit Übernahme dieser Aufgabe durch die Kommune wird u.a. Bürgerbeteiligung gewährleistet.
Als ärztliche Leistungserbringer sind zunächst Hausärzte einzubinden (selbstständig mit eigenem Kassensitz oder auf einem von der Gemeinde angekauften Arztsitz angestellt). Ein weiterer wichtiger Baustein sind Pflegestützpunkte mit einem weiten Leistungsspektrum. Für die optimale Nutzung der Synnergieeffekte wird die Telemedizin mit ihren Möglichkeiten von Nutzen sein. In einem groß gedachten KGZ ist es sinnvoll, Altenpflegeeinheiten mit Kurzzeitpflege zu integrieren. Weiterhin lassen sich bei Bedarf therapeutische Angebote, Hebammen, Beratungsangebote (Schuldenberatung, Ehe-, Familien-, Lebensberatung u.a.), Kita, Beratungscafé, Präventionsangebote, zahnärztliche Versorgung, Kinderarzt angliedern.
Über die niedrigschwelligen Angebote können Gesundheitsthemen in die Bevölkerung der Kommune transportiert und für die Nutzung von Vorsorge– und Präventionsangeboten sensibilisiert werden u.a. Die Binnenstruktur in der Gemeinde wird durch eine Öffnung von Begegnungsräumen in Kursen oder einfach im Café gestärkt.
Als Vorbild für das die ärztliche Versorgung begleitende Aufgabenspektrum eines KGZ können auch funktionierende Gemeinwesenprojekte gesehen werden (z.B. in Saarbrücken St. Arnual die PÄDSAK).
Generell sollte gelten, dass die Erstattung der Leistungen der Leistungserbringer die entsprechenden Träger die Leistungen erstatten (z.B. die Abrechnung der ärztlichen Leistungen über die KV).
Die Kommune kann die Organisation eines KGZ übernehmen, sie kann jedoch nicht die Fachaufsicht übernehmen und ist also bezüglich der inhaltlichen Arbeit der Leistungserbringer nicht weisungsbefugt.
Um Vielfalt zu ermöglichen sollte das Raumkonzept so angelegt sein, dass die Räume multifunktional von verschiedenen Leistungsanbietern genutzt werden können, die nur an einzelnen Tagen im Gesundheitszentrum präsent sind.
Aktuell muss festgestellt werden, dass sich die Zweiteilung der Gesellschaft auch in der Gesundheitsversorgung wiederspiegelt. Um diese Zweiteilung langfristig aufzulösen, sollte Schule entsprechend in zukünftige Prozesse eingebunden werden, um Schülern Gesundheitskompetenz zu vermitteln. Auch könnten Zentren für Menschen mit Behinderungen in KGZs angesiedelt werden.
Beispiele der Umsetzung:
Land Berlin
Das Land Berlin hat den Ausbau von Gesundheitszentren in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben.
Die Koalition wird die in den letzten Jahren gewonnenen Erfahrungen aus den bisherigen Projekten niedrigschwelliger Angebote zur multiprofessionelle Gesundheitsversorgung in Gesundheitszentren wie in Neukölln oder Kombi-Praxen mit Sozialberatung in Lichtenberg in ein Landesprogramm für Integrierte Gesundheitszentren überführen und in den Bezirken skalieren.
https://spd.berlin/koalitionsvertrag/gesundheit-und-pflege/
Land Hamburg
Kern des Lokalen Gesundheitszentrums ist mindestens eine haus- und/oder kinderärztliche Praxis, eine moderne Form der „Gemeindeschwester“ und eine Sozialberatung. Darüber hinaus soll eine verbindliche Kooperation mit Pflegediensten, gesundheitlichen (zum Beispiel Suchtberatung und Prävention, psychotherapeutische Versorgung und psychosoziale Beratung) und sozialen Angeboten (Migrantenarbeit, Verbraucherschutz) erfolgen.
https://www.hamburg.de/stadtteil-gesundheitszentren/
Büsumer Modell „Minimalmodell“
Die Gemeinde Büsum stellte fest, dass 4 Hausarztsitze nicht besetzt waren. Damit war die hausärztliche Versorgung nicht mehr gesichert. Die Gemeinde beschloss die 4 vakanten Arztsitze aufzukaufen und mit Hausärzten*innen in Voll- und Teilzeit zu besetzen, die von der Gemeinde angestellt wurden. Die Abrechnung der Leistungen erfolgte wie üblich über die KV. Wenn Gewinne erwirtschaftet werden, werden bis zu 10 % an die Ärzte ausgeschüttet. Die beschäftigten Ärzte sind verpflichtet, sich betriebswirtschaftlich fortzubilden.